Blog Anett Dreuse
23.09.2020 20:59

Wenn Kleinkinder effizient sind.

Viele Kleinkinder möchten Ihren Nuckel nicht hergeben. Nicht nur nachts, sondern auch am Tag beruhigt er und wird voll in den Tagesablauf integriert.

"Ger hak mein Auko" beschwert sich ein kleiner Junge in der Kita. "Nein, dak roke Auko will issss. Dasss hak eine sssssöne Hupe."

Mütter verstehen Ihre Kinder meist. Fremde und Therapeuten müssen sich erst hineinhören. Sie sehen, grammatisch ist alles korrekt, aber die Aussprache ist entwicklungsbedingt schlecht verständlich. Was nun?

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Der kleine Junge im Alter von 4,5 Jahren war lange in seiner Entwicklung so effizient, dass er aber auch wirklich alles mit seinem Nuckel machen konnte. Schlafen, spielen und sogar sprechen waren ohne Limitierung der Mutter möglich. Eigentlich toll für beide Seiten.

Irgendwann fiel auf, dass er einen schlechten Mundschluss hatte, die Zunge beim Laut [s] leicht zwischen die Zähne schob und den Laut [t] konstant durch den Laut [k] ersetzte. Das ist gar nicht so einfach. Versuchen Sie dies mal. Es wirkt wie eine Meisterleistung.

Für den Jungen war es jedoch ganz normal. Mama reagierte nach seinem Empfinden korrekt auf seine Äußerungen. So schlich sich allmählich dieses Artikulationsmuster ein und verfestigte sich, sodass er keinen Unterschied mehr zwischen beiden Lauten wahrnahm.

Wodurch ist das nur möglich? Es war schlichte Faulheit. Süß oder?

Durch den Nuckel lernte die Zunge nicht sich effektiv an den Gaumen anzusaugen und dort ohne Kraftaufwand in Ruhe zu liegen. Die Zungenspitzenkraft entwickelte sich ungenügend, da der Aufwand gegen den Nuckel zu drücken offensichtlich hoch war. Sie rutschte bei den Versuchen bestimmt nach vorn und gelangte so immer wieder zwischen die Schneidezähne. Deshalb die [s]-Laut-Fehlbildung. Oft sind auch die anderen Zischlaute betroffen.

Zum Glück war es dem Jungen zu aufwendig, sonst hätte noch ein offener Biss entstehen können. Hier wäre dann vielleicht ein ovales Loch zwischen beiden Schneidezahnreihen und er müsste mit den Backenzähnen abbeißen. Also - nochmal Glück gehabt.

Stattdessen schob er den Nuckel etwas beim Sprechen vor und nutzte den Zungenrücken für die Laute [t] und [k]. Den Zungenrücken zu heben bereitete ihm keine Probleme. Alles was körpernah ist, lässt sich schließlich mit weniger Kraftaufwand heben. Kann man mit dem Zungenrücken ein [t] bilden? Natürlich nicht. Deshalb ersetzte er diesen Laut ohne Mühe immer mit [k].

Süß oder? Aber nur bis zu einem gewissen Alter. Ersparen Sie Ihrem Kind spätere Hänseleien und wirken entgegen. Auch wenn so hartnäckige Artikulationsstörungen eine lange Therapie benötigen können, sollten Sie nicht aufgeben und sich manchmal Ihrem Kind dumm gegenüber stellen. Nur wer auf Hindernisse stößt, entwickelt sich durch Abgleich seiner Eigen- und Fremdwahrnehmung. Normal entwickelten Kindern ist dies immer möglich.